Solange die gigantische Staumauer an der Trift nicht gebaut ist, so lange wird die jährliche Triftvisite stattfinden. Heuer haben sich rund dreissig Menschen versammelt, um die Verbundenheit mit diesem einzigartigen Wildnisgebiet zu feiern.
Die Triftbrücke schwang heftig hin und her im Föhnsturm, und es war klar, dass bei solchen Verhältnissen die grosse Gruppe nicht ins Delta hinuntersteigen und Fackeln anzünden würde. Also rückten wir an einem geschützten Plätzchen mit Blick auf den See und den schwindenden Gletscher alle näher zusammen und lauschten den Alphornklängen und einem Auszug aus Ingeborg Bachmanns «Die Wahrheit ist dem Menschen zumutbar». Die Trauer angesichts des zu erwartenden Verlustes mindert nicht unsere Verbundenheit mit dieser urtümlichen Gebirgslandschaft des wilden Gletschervorfeldes. Dieser Protest ist eine Herzensangelegenheit aller, die gekommen sind und all jener, die von daheim aus daran denken: Eine der letzten unberührten Landschaften der Schweiz soll einem unsinnigen Stausee geopfert werden. Unsere Trauer und Verbundenheit, sie stehen nicht nur für die Trift, unsere Trauer und Verbundenheit stehen für jede dem Untergang geweihte Landschaft. In der Politik wird mit technischen Begriffen alles Leben seziert und das eine Teilinteresse gegen das andere ausgespielt, aber davon handelt die Triftvisite nicht. Denn die Liebe zu einer Landschaft lässt sich nicht in bürokratischen Begriffen ersticken. Die Natur ist keine Handelsware, die man aufteilen und verschachern kann. Wenn diese kostbare Wildnis unter Wasser gesetzt wird, ist sie verloren für immer. Wir werden wiederkommen, und solange nicht gebaut ist, wird ein Funken Hoffnung mitschwingen.
Mehr Infos zum Triftkomitee: www.rettet-die-trift.ch