Ich kenne ja ziemlich viele Pflanzen. Aber ab und zu mal begegnet mir ein Gewächs, das ich noch nie gesehen habe. Und dann freue ich mich riesig darüber! So geschehen neulich im Jardin des Plantes in Paris. An einem grauverhangenen Dezembertag spazierte ich mit meiner Tochter durch den Botanischen Garten von Paris, als mir plötzlich riesengrosse, saftig grüne Blätter ins Auge sprangen. Und diesen Ausdruck verwende ich jetzt nicht etwa als schiefes Bild – nein die grossen, beweglichen Blätter sprangen mir wirklich entgegen, wie sie so nass tropfend in den Weg hineinragten! Also blieb ich stehen und sah mir das aufdringliche Gewächs genauer an. Ich bestaunte die Blätter, die sich auf eigenartige Weise bewegten. Sie waren unpaarig gefiedert, und die zahlreichen bis zu zehn Zentimeter langen Fiederfinger hatten gesägte Ränder. Wie sich die einzelnen Finger im Wind bewegen, entstand durch die leicht bereifte Oberfläche eine faszinierende Dynamik. Als ich das Laub berührte, verströmte es einen eigenartigen Geruch, «wie feuchte Erdnüsse, die man zu lange in der Tasche herumgetragen hat,» sagte meine Tochter.
Zum Glück war das Schild leicht zu finden – im Jardin des Plantes ist alles tiptop gepflegt und die Pflanzen sind ordentlich angeschrieben. Es handelte sich demnach um einen grossen Honigstrauch (Melianthus major), der gut drei Meter hoch werden kann und immergrün ist. Er stammt aus dem südlichen Afrika, wo er offenbar in Gärten häufig anzutreffen ist und sich dank seinem kräftigen Wachstum und dem äusserst dekorativen Erscheinungsbild grosser Beliebtheit erfreut. Laut Wikipedia wird der Honigstrauch auch in der südafrikanischen Medizin geschätzt. Ein Sud aus den abgekochten Blättern wird zur Wundbehandlung sowie bei rheumatischen Beschwerden eingesetzt. In manchen Ländern wie Indien, Bolivien oder auf den Kanarischen Inseln gilt der Honigstrauch jedoch als invasive Pflanze. Bei uns in der Schweiz wäre es ihm wohl zu kalt, aber im milderen Klima von Paris schafft er es offensichtlich bestens, gesund durch den Winter zu kommen. Damit er sich ausbreiten könnte, müsse es aber schon deutlich wärmer sein.