Eigentlich haben Berge ja kein Vorne und Hinten – es kommt immer drauf an, wo die Betrachtenden selber stehen. Und doch sind wir uns den Blick auf gewisse Panoramen halt sehr stark von einer Seite gewohnt. So zum Beispiel die Jungfrau, die wir ja meistens von Grindelwald her betrachten. Und darum waren wir doch etwas erstaunt, neulich bei einer Wanderung die Jungfrau eben «von hinten» zu sehen. Sie wirkt aus der Perspektive vom Hinteren Lauterbrunnental her gesehen übrigens kein bisschen weniger mächtig oder grandios. Im Gegenteil. Die ganze Höhe, von Stechelberg bis zum Gipfel hinauf im Blick zu haben, das ist mehr als eindrücklich. Und um die Jungfrau von hinten auch nachts, bei Kerzenlicht und Sternenhimmel, bewundern zu können, gibt es keinen besseren Ort als das Berghotel Obersteinberg. Es liegt allerdings ziemlich, ziemlich weit oben. So weit oben, dass es dort keinen Strom gibt. Dafür wird gekocht und gegessen wie anno dazumal bei Kerzenschein und flackernden Petrollämpchen. Und ausserdem haben wir auf der Alp Obersteinberg das pensionierte Maultier Fiona kennengelernt. Bis vor wenigen Jahren hat sie noch die Lasten den steinigen Bergweg hochgetragen. Dafür hat sie es nun gut – ihr würziges Bergheu wird extra in einem grossen Ballen mit dem Helikopter ins Tal geflogen, damit sie im Winter in Lauterbrunnen nicht etwa von dem doch etwas faden Dorfheu fressen müsste. Nein, Bergheu muss es sein! Oh und übrigens, den geschmacklichen Unterschied meinten wir selber auch herauszuspüren bei der Degustation des Bergkäses von der Alp Obersteinberg – der ist nämlich ganz ausserordentlich würzig und schmackhaft. Das liegt zweifellos an den mageren Bergwiesen mit enormer Kräutervielfalt, und halt eben auch daran, dass nur wenige Kühe dort oben grasen. Ah – weniger ist mehr, das gilt halt auch hier. Eigentlich wollten wir die Alp Obersteinberg sowieso am liebsten für uns behalten als Geheimtipp. Anderseits wünschen wir der Familie von Allmen natürlich viele freundliche und wohlgesinnte Gäste, die diesen wunderschönen Ort wertschätzen und etwas Umsatz auf den Berg bringen. Also, wandert hin, lasst Fiona von uns grüssen, und geniesset Aussicht und Gastfreundschaft und das hervorragende Essen – ihr werdet es nicht bereuen.