Den Allermannsharnisch haben wir noch selten angetroffen auf unseren Bergwanderungen. Auf dem Weg zur Geltenhütte wächst ein grosser Horst, gleich am Wegesrand bei der vorletzten Kurve nach dem Brücklein. Ansonsten sieht man dieses stattliche und sehr auffällige Lauchgewächs mit einer Höhe von bis zu 60 Zentimetern eher selten. Umso erstaunter waren wir bei unserer Tour neulich aufs Morgenberghorn oberhalb von Leissigen am Thunersee. Da fanden wir nämlich, bei der recht ausgesetzten Traverse vom Leissigbärgli hinüber zur Brunnihütte, ganze Bergwiesen voller Allermannsharnisch (Allium victorialis). Die schildartigen Blätter lassen keinen Zweifel am Namen – ein Harnisch ist ja eine Rüstung oder ein Brustpanzer, und diese Blätter sind so dick und fest, dass sie tatsächlich wie ein Schutzschild aussehen. Der Allermannsharnisch ist eine alte und sagenumwobene Pflanze, bekannt auch als Siegwurz-Lauch, Siegmarslauch, Siegmarsmännlein. Manchmal wird er auch schlicht Bergknoblauch genannt. Im Mittelalter wurden der Pflanze allerlei Zauberkräfte nachgesagt. Die Zwiebeln wurden im Mittelalter als Talismane teuer verkauft., Manchmal wurden daraus Figuren geschnitzt, die ähnlich aussahen wie die legendären Wurzel-Männchen der Alraune (nebst dem Bilsenkraut die berühmteste und teuerste aller Hexenpflanze). Besonders während dem 30jährigen Krieg fand der Allermannsharnisch als Zaubermittel Verwendung. Man glaubte, dass die daraus hergestellten Talismane die Soldaten vor Verwundungen schützen würden. Ausserdem sagt man dem Allermannsharnisch eine reinigende Heilwirkung nach, wobei die Blätter im Frühling, ähnlich wie Bärlauch, zwecks Blutreinigung und Entschlackung konsumiert werden. Sie riechen zwar nach Knoblauch, jedoch sind sie zäh und nicht so schmackhaft wie der verwandte Bärlauch. Darum wird der Allermannsharnisch grundsätzlich in Weingeist (Trinksprit) eingelegt, um die Wirkstoffe herauszulösen. So ein selbergemachtes Bergknoblauchschnäpschen hat es bestimmt in sich!
Der Allermannsharnisch ist in den Hochgebirgen Eurasiens zu Hause, und wächst auf grasigen und felsigen Steilhängen, wo es zwar im Frühsommer feucht ist vom Schmelzwasser, wo aber das Wasser auch gut ablaufen kann, so dass die Zwiebeln nicht faulen. Im Garten wäre es ihm sicher zu warm – ausser vielleicht mit genug Geschick in einem wohlgepflegten, sehr gut dränierten Alpengarten könnte die Kultur gelingen. Wir wollen es dann mal bei uns oberhalb von Gstaad versuchen, ob wir diese wirklich sehr stattliche und eindrucksvolle Pflanze ansiedeln können. Falls jemand von euch Samen hätte… bitte gern melden.