Weisse Pelzanemonen, soweit das Auge reicht: neulich auf einer späten Frühlingsskitour auf den Arpelistock (3060 m.) begegneten uns Bergmatten voller weisser Kuhschellen oder Küchenschellen (Pulsatilla vernalis). Es waren Tausende – nicht übertrieben. Wahrlich ein überwältigender Anblick! Jede einzelne Blüte ist ein Kunstwerk der Natur – wie die pelzig behaarten Hochblatthüllen einen 5 bis 7 cm breiten Kelch bilden, aus dem die goldgelben Staubblätter leuchten, schöner ginge es nicht. Dazwischen rannten frühlingsfreudig die Murmeltiere umher – nun ist mir klar, warum die Kuhschellen im Volksmund auch Mungenschnutzen genannt werden. Fressbar sind sie allerdings nicht – Kuhschellen gehören zur Familie der Hahnenfussgewächse (Ranunculaceae) und sind giftig. Wohl heissen sie so, weil Murmeltiere und Kuhschellen im Frühling gleichzeitig auftauchen.
Nur eins muss ich sagen, dieser wunderschöne Ort mit den Matten voller blühender Kuhschellen, der ist im Frühling nicht ganz so einfach zu erreichen. Wir sind um 4.30 morgens losgegangen, damit der Schnee nicht zu weich ist. Die ersten zwei Stunden buckelten wir Tourenski und Skischuhe den Feissenberg hinauf, und kämpften uns in den Wanderschuhen den zum Teil arg verschütteten Bergweg hoch bis zum Wasserfall. Im Sommer ist da nur ein freundliches Tröpfeln, das bei den Wanderern für willkommene Erfrischung sorgt. Aber im Frühling ist diese Passage eine doch recht nasse Rutschpartie. Das letzte Stück bis zur Geltenhütte konnten wir die Ski anziehen, und gemütlich ins Rottal fellen. Alsda warteten einige knackige Lawinenkegel auf uns – nochmals eine ziemliche Anstrengung. Schliesslich gelangten wir an die weisse Flanke, stiegen mit einigen Spitzkehren hoch und schritten dem Grat entlang zügig zum Gipfel. Ein prächtiger Ausblick – der Arpelistock ist immer eine lohnende Bergtour. Da der Abstieg lang und streng ist, mag ich diesen Gipfel lieber als Skitour. Das pure Weiss hier oben, so grell und hell in der kräftigen Maisonne, und dann durch den wunderbar samtig aufsulzenden Schnee hinabkurven ins Rottal, das ist wie Fliegen – nur schöner! Aus diesem intensiven weissen Rausch hinabzutauchen in die Matten voller Kuhschellen – ein unglaublich intensives Sinneserleben. Aber ganz ohne Anstrengung ist solcherlei eben nicht zu haben.
Im Sommer hingegen, wenn die verschütteten Bergwege geräumt und alles schön instand gesetzt ist, dann könnt ihr auf einer leichten Bergtour locker zur Geltenhütte wandern. Ihr werden dort Paradieslilien, Türkenbund, Edelweiss und viele andere blühende Alpenblumen antreffen. Und von den Kuhschellen seht ihr dann noch die pelzigen Fruchtstände, die als haarige Büscheli überall aus dem Berggras ragen.